Ja wer hätte das gedacht, kaum braucht man kein Hotel mehr und kein Restaurant, schon wird die "teure" Schweiz richtig sexy.
Da ich eh fast immer an Martigny vorbeitucker, war der Lac de Mauvoisin (+30 km) als Ziel gesetzt.
Die Reise an Bern vorbei war zwar eine Tortur, aber letztlich ging ich mit einer Stunde Verspätung in Martigny von der Autostrada. Von da an ging es länger als erwartet Richtung Grand St. Bernhardino aber dann letztlich doch nach links wech ins Unbekannte.
Als ich mit dem Gespann die Straße gänzlich ausfüllte und auch die Passage durch die Häuser nur noch knappe 2,5 Meter breit war, hatte ich wenig Hoffnung, dass ich hier noch richtig bin.
Aber tatsachlich lag der Indianer-Campingplatz quasi unter der Staustufe. Sehr beruhigned, dass die seit 1958 dicht hielt.
Der Camping ist gelebte Anarchie, genau mein Ding.
Kaum verschwindet die Sonne hinter den Bergen, schwelen überall die Lagerfeuer. Ich kann die heute noch im Schrank riechen.
Was soll ich sagen - zwei Nächte 41 €! Das zahl ich in Bern für den Cafe mit nix außer Grande Vue de Mc Donalds.
Es geht früh ins Bett, denn die 9 h bei 34 Grad ohne Klima haben reichlich ausgezehrt. Und morgen wird es hart werden, sehr hart......
Tatsachlich ist es halb neun, als ich erwache. Also habe ich faktisch 2x Schlafen hinter mir gelassen.
Bei dem Gedanken an 45 km und 12000 Höhenmeter sieht das Fahrrad irgendwie gar nicht so sexy aus. Egali (wie wir Schweizer sagen) es wird Zeit, noch ist es kühl und Akkusparen ist angesagt.
Der Start ist brutal. Ab der Ausfahrt vom Camping geht es direkt steil bergan. Die Brücken sind ein guter Grund zu halten und die Umluft durch lautes Hecheln zu erwärmen.
Es gibt immer einen guten Grund, halt zu machen und in die Gegend zu knipsen.
Nach ca. 120 Km (gefühlt) erreicht man den Zugang zur Staumauer.
Die Tunnel waren eigentlich der Grund, warum ich auf den See aufmerksam wurde.
Da hat ein Motorradmagazin mal wieder Wege gezeigt, die man mit dem Motorrad gar nicht (und wenn ich das schreibe, meine ich wirklich nein niemals unbedingt nicht) fahren darf.
Also der hier geht ja noch. Doch der Tunnel gabelt sich, links zur Staumauer rechts in den Himmel.
Also links endet dann hier bei den beiden netten Herren
und wenn man über die Staumauer weiter fährt gelangt man zu den Tunneln der linken Seeseite, die für Radfahrer aber in einer Sackgasse enden.
Der erste Tunnelabschnitt ist noch beleuchtet. Danach geht es ungesehen in die Dunkelheit mit feuchten Böden und Decken.
Hält man sich im ersten Tunnel rechts, dann sieht man die Staumauer das erste mal von hinten wieder. Und zwar ungefähr hier.
Das Gute, die Tunnel sind überwiegend beleuchtet, aber es geht knackig nach oben.
Die Konstrukteure hatten sicher ne kaputte Wasserwaage, denn so richtig Sinn macht das so auf Anhieb nicht.
Es geht wirklich episch lange durch den Berg hindurch.
Ach ja, fällt mir gerade ein. Warum das Wasser in der Schweiz so gut gelaunt ist, sollte schnell erklärt sein. Es darf nämlich über Bergrutschen wie diese hier rechts, den Berg herunter rutschen und dann über diese Wildwasserbahn ab in den See.
Da sprudelt es ohne CO2 garantiert.
Dann ist der See passe, aber die Tour noch leider lange nicht zu Ende.
Ziel ist ja Cabane de Chanrion, was dummerweise nochmal einige hundert Meter höher liegt.
Auf Papier liest sich das immer viel lockerer, als es sich dann tritt. Dafür ist es mies ausgeschildert. Man orientiert sich am Besten an der Pont du Lancet, die man als Gitterkonstruktion ab und an erblicken kann. Alle anderen Fußüberquerungen sind falsch.
Der Weg führt um den Mont Durand und dann steil nach oben. Leider war der Akku nicht ganz voll, als ich losgefahren bin. Jetzt könnte ich mehr Unterstützung gut brauchen. Hatte ich schon berichtet, dass ich wieder mal Futter und Wasser vergessen habe. Grrrr.
Aber der Tapfere wird ja bekanntlich stets entlohnt und am Ziel erwartet mich ein grandioser Blick auf das wegen Umbau geschlossene Rifugio.
Das hätte es in Italien nicht gegeben.
Egali! Huumoor isch wenn du trotzschdem lachschd. (altes Schweizer Sprichwort)
Auf dem Rückweg zum See kreuzt man so manchen Bach. Einen hab ich ausgesoffen.
Man sieht es am Seepegel, der jetzt deutlich abgesunken ist.
36 Grad und es wird noch heißer..... Vielleicht sollte ich mal duschen.
Mit dem letzten Anstieg der Rückfahrt, gibt dann auch der Akku auf. Fast perfekt es fehlen nur 200 Meter.
Danach Schussfahrt durch die Tunnel zurück zum Stausee-Restaurant. Kaffee ist alle. Begleitet vom Klingeln meiner Radglocke und dem Quieken meiner Bremsen schieße ich abwärts durch die Tunnel und lande völlig ausgepowert aber glücklich auf der Staumauer.
Was für ein geiler Tag.