Mittwoch, 20. November 2013

Tag 8 Abschied vom Meer

Tag 8
Etappe: Bicaz-Arcalia (237km)
Beschreibung: Warme trockene sehr abwechslungsreiche Etappe mit guten und weniger guten Überraschungen, Hilfe von jemandem, von dem man keine erwartet hätte, und ausweglosen Gebieten

Wie gestern wird es auch heute keine Karte mit Track geben. Gerade heute hatte ich das NAVI sehr häufig in den Fingern, denn oft gab es keine Wege im hinterlegten Kartenmaterial. Daher bin ich so sicher, dass eigentlich Aufzeichnungen da sein müssten.
Ich bin mir keiner Schuld bewusst.  Auch wenn 99% aller Navi-Fehler vor dem TouchPad lauern, hab ich nicht die geringste Ahnung, was da passiert ist und warum auch der Speicher beim Photo heute versagte. Alles sehr mysteriös.


Der Tag beginnt mit.....logisch........... Regen.
Richtig viel Regen. Der Tiefdruckwirbel hat die ukrainische Grenze überwunden und bewegt sich in seiner epischen Breite direkt auf uns zu. An ein zeitlich sinnvolles Erreichen des Meeres mag ich nicht mehr glauben und die Truppe macht mir auch nicht gerade den Eindruck, Teil einer Durchschlagsübung werden zu wollen.
Zumindest vermisse ich diese gewisse Entschlossenheit in den Blicken, wenn Worte wie Donaudelta, Moldavien oder gar Strandbad meine Lippen verlassen.
Ich ändere diesmal also nicht nur die Route sondern den gesamten Plan. Wir werden heute Nachmittag in einer 180 Grad Wende dem Schlamassel genau die Stirn bieten und unsere Freunde etwas früher besuchen.

Die Matratzen in dem rosa und auch dem blauen Zimmer waren pures Grauen und mein Rücken schreit nach Voltaren und Olaf, meinem Freund und Physiotherapeuten.

Das Frühstück gestaltet sich schwierig, da es keine Frühstückskarte gibt und uns niemand versteht. Draußen geht die Welt unter. Wir haben also Zeit und kämpfen uns mit dem Wörterbuch, Gesten und etwas "italiano espeziale" durch.
In Ihrem Blick konnte ich es deutlich lesen. Die Bedienung hält uns für eine Bande von Perversen, als wir süßes Frühstück mit Marmelade und Butter bestellen.
Bei der Marmelade gibt es dann eine reichhaltige Auswahl, roten Beeren oder eine aus dem Glas und eine die man löffeln kann, so aus dem Glas mit den roten Beeren.
Dafür ist sie selbstgemacht, würde ich wetten, und mit ihrem eher derben/herben Geschmack sehr lecker. Butter ist in Rumänien gewöhnungsbedürftig. Sie hat nur knapp über 50% Fett und ist daher so streichfähig wie ein Hefebrocken. Na ja, man hat halt das Gefühl sein Brot mit Biskin zu betreichen.
Derweil geht draußen die Welt unter und auf dem Berg gegenüber erbauen die Einheimischen ein riesiges Holzschiff . Wir packen noch eh sich die ersten Tierpaare davor sammeln.

Das NAVI hat den Weg durch die Bicaz Schlucht gefressen und  als wir die Taschen auf die Moppeds schnallen, wird der Regen wie auf Kommando dünner.

Die Schlucht ist der Hammer und es ist irre schade, dass die Bilder nicht den Weg in den Speicher gefunden haben. Wie toll muss das hier erst bei schönem Wetter und Sonnenschein aussehen.
Aber die Cam auf dem Lenker hat gefunzt heheheh............




Es gibt fünf Filme aus der Schlucht und dem weiteren Weg am Lagu Rosso.
Bei den glitschigen Bedingungen hatte man nicht so recht Lust zu fahrerischen Höchstleisungen, aber eine launige Strecke ist es auf jeden Fall.
 
Es geht also weiter am Lagu Rosso vorbei. Ich bedauere es nun doch sehr, dass wir hier nicht die Zeit finden, uns diese Schlucht zu erwandern.
Die ausgewählte Route führt über eine extrem gut asphaltierte Neubaustrecke. Die Geschwindigkeitsbegrenzung, an die sich verdächtig viele Rumänen halten, macht die Passage unerträglich langweilig. Ein Blick auf die Karte offenbart eine Alternative, aber was ich auch versuche, Lutzis Abkürzung will sich nicht routen lassen. Da die Straße aber auf der Karte dick eingezeichnet ist, wählen wir diesen Weg dennoch, um dann nach gar nicht so langer Zeit umzukehren und an einer Gaststätte kurz einzukehren.


Wir sind uns einig, die Piste wäre selbst bei bestem Wetter mit den Vierzylindern nicht zu machen gewesen und Lutz und Helga müssen die Passage auf dem ursprünglich geplanten Weg umfahren.
Die Gaststätte ist gut besucht und während das Wetter komplett aufklart, gewinnen wir mehr und mehr die Aufmerksamkeit der Waldarbeiter, die hier feucht fröhlich ihre Pause begießen. Der mutigste von ihnen gesellt sich zu uns und redet uns an. Ich verstehe kein Wort, aber kann mir denken, was er möchte. Ich zeige ihm die Karte und unser Ziel "Lapusa".
Er betrachtet Sabine und mich mit hochachtungsvollem Blick (soweit ihm das noch möglich ist). Ein Zweiter gesellt sich dazu. Sie beschreiben uns den Weg in einem ungarischen Dialekt, was uns wirklich mächtig weiter bringt und so verstehe ich nun genau jedes Wort....
ohne zu wissen was es bedeutet.
Nun kommt ein Stück Papier ins Spiel. Unter heftigen Wortgefechten und bild- und gestenreichen Gebärden beschreiben sie uns den Weg.
Also ein Kilometer gerade aus über den Schweinepfad, dann rechts irre steil hoch, links 10 km den Weg über eine Furt in den Wald verlassen.
Die Furt ist ggf. nicht passierbar, da von den Holzerntemaschinen völlig zerfahren. Einfach 10 Meter weiter versuchen und zurück auf den Waldweg am Bach entlang. Nächste Kreuzung rechts, 30 km Piste alles wird gut.
Ich halte das Ergebnis in den Händen.


sehe Sabine kurz an........keine Frage, wir werden es versuchen.

Ein kurzer Abschied von Lutz und Helga, die noch etwas verweilen möchten, dann gehts los. Der Weg ist sehr geröllig mit mehr als faustgroßen Steinen, es rumpelt schon auf dem ersten Kilometer heftig. Wir finden die Rampe. Ich schaue Sabine an und weiß, wenn wir da hoch fahren, wird es schwer nochmal runter zu kommen. Klack, erster Gang Vollgas, klack, zweiter Gang Vollgas und die Drehzahl bleibt erschreckend konstant konstant.  Gripp Traktion alles bestens, aber keine Reserven nach oben mehr. Sabine machts cleverer und bleibt im ersten Gang. Ich haben noch viel zu lernen mit diesen kleinen Motorrädern und dem vielen Gepäck.
Oben angekommen geht es dann recht einfach auf einem gut ausgebauten Wirtschaftsweg weiter.
Die Schafherde war übrigens nicht in der Karte eingezeichnet.


 Alles Andere stimmt erschreckend genau, auch wenn ich erstmal an der Furt vorbeirausche.


Man sieht das auf dem Bild leider nicht gut, aber der Boden ist wirklich komplett aufgequirlt und die Umgehung, vor allem aber der lose weiche Waldboden dahinter, wecken weder bei Sabine noch mir das Bedürfnis, sich dort mit Gepäck durchzuwühlen und mit Matschepampe zu bewerfen.
Wie am entspannten Gesicht abzulesen,
habe ich mich für den Versuch entschieden, die Fangoeinlage zu umfahren.

Es sollte eine der wenigen nicht zielführenden Entscheidungen des Reiseverlaufes bleiben. Wir folgen also weiter der gut ausgebauten Piste. Nur die Bauern mit ihren großen lauten Traktoren erweisen sich als ernstzunehmende Gefahr. Hier rechnet einfach niemand damit, dass er von irgendwas überholt werden könnte und zuweilen ist es auch schwierig, mit diesen alten ausgelutschten Landmaschienen nicht die ganze Wegbreite zu beanspruchen.
Irgendwie will sich kein Weg in Richtung des abgesprochenen Treffpunktes auftun.


 Stattdessen spielen wir ein wenig  im Gelände und genießen die trockenen Pisten.



Die Wege führen alle im Ring um die Berge und führen uns in die Nähe unseres Ausgangspunktes zurück.


Na jedenfalls soweit sie nicht überflutet sind.
Doch wo kein Weg ist, da ist wenigstens eine Brücke


Nach ein paar weiteren nicht ganz barrierefreien Aktionen ploppen wir 5 km nördlich unseres Startpunktes wieder aus dem Wald und geben auf..






Abfangkurs....noch anderthalb Stunden wird es dauern, bis wir Helga und Lutz einholen. Wir fliegen über die Piste 

und dann öffnet sich vor uns die Kornkammer Transilvaniens.


Der Weg bleibt anstrengend und wir kürzen nach Lutzen Karte (die übrigens klasse war und ich würd auch verraten, welche es war, wenn ichs nur gerade wüsste) weiter ab. Nach Dumbrava geht es Richtung Vataval, was eher einer losen Ansammlung von Siedlungen als einem Ort entspricht. Aber diesmal bin ich mir sicher, dass es die Verbindungen auch geben wird. Am "Ortseingang" dieser Siedlungsanlage stoßen wir auf Asphalt, der zum Bedauern unserer vierzylindrigen Freunde nur bis zum Ortsausgang reicht und ich mache mir langsam Sorgen, ob alle wirklich noch weiter können oder schon an den mitgebrachten Wewehchen über Gebühr leiden.
Das Wetter bleibt erschreckend stabil und schenkt uns die Verschnaufpausen, die wir benötigen. 


In Monor entdecke ich einen Supermarkt und wir strecken die Gliedmaßen etwas länger in der Sonne aus.  Wir genießen die beschauliche Ruhe und beobachten Pferde- und sogar Ochsengespanne, die die Ernte einbringen.


Zeit zum Umschalten in den Urlaubsmodus und Ausspannen, der Rest der Etappe wird über Asphalt führen.
Der Dorfpolizist hält eines der wenigen Autos an und kontrolliert demonstrativ jede Kleinigkeit. Ich bin mir sicher, dass er uns nachher laufen lassen wird.



Es wird Abend, es ist trocken und wir erreichen Arcalia, wo uns Isabella schon erwartet.



Die Klamotten sehen nun endgültig aus wie Sau und auch Wäsche wird langsam knapper. Aber nicht nur deswegen wird es langsam Zeit für ein längeres Biwak.

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